Ethohydraulik
Fische die sich mit vergleichsweise großer Geschwindigkeit in einem großen Aktionsradius bewegen, entziehen sich in ihrem Lebenselement unter Wasser weitgehend einer direkten Beobachtung durch den Menschen. Dies in Kombination mit den sich ständig ändernder Umweltbedingungen und nicht selten gefährlichen Gegebenheiten im Bereich wasserbaulicher Anlagen haben dazu geführt, dass über die Biologie der Fische und Neunaugen bis heute nur sehr wenig verlässliche Kenntnisse vorliegen.
Vor diesem Hintergrund hat das Institut für angewandte Ökologie GmbH zusammen mit Prof. Dr.-Ing. B. Lehmann vom Institut für Wasserbau und Hydraulik der Technischen Universität Darmstadt die Ethohydraulik entwickelt, die heute eine international anerkannte biologisch-ingenieurwissenschaftliche Transdisziplin ist. In ethohydraulischen Projekten werden die Reaktionen von Fischen und anderen aquatischen Organismen unter konditionierten Bedingungen in großskaligen, einsehbaren und mit Strömung beaufschlagbaren Laborrinnen mit hydraulischen und konstruktiven Situationen konfrontiert, wie sie auch in Gewässern auf die Tiere einwirken. Ziel solcher Untersuchungen ist es, die physischen Fähigkeiten, das Verhalten und letztlich die Anforderungen von Fischen zu verstehen. Durch ethohydraulische Untersuchungen gewonnene Erkenntnisse bilden heute eine wichtige Grundlage für die Entwicklung u. a. funktionsfähiger Fischaufstiegs-, Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen sowie für die Konzeption ökologisch verträglicherer wasserbaulicher Eingriffe.
Referenzprojekte
- Beeinflussung der Effizienz von Fischwegen an Wasserkraftanlagen durch die Lichtverhältnisse.
- Orientierungs- und Suchverhalten abwandernder Fische zur Verbesserung der Dimensionierung und Anordnung von Fischschutzeinrichtungen zur Optimierung der Dimensionierung und Anordnung von Fischschutzeinrichtungen vor Wasserkraftanlagen und an Flachrechen.
- Entwicklung einer Aufwandersperre mit Ausleitungsvorrichtung für stromauf wandernde Wollhandkrabben.
- Fish Behavior: Development of hydropower converter for very low head differences.
- Entwicklung der Einstiegskonstruktion für die Kontrollstation des Doppelschlitzpasses in Geesthacht an der Elbe im Modellmaßstab 1:1
- Passage von Fischen in Schlitzpässen.
- Rauhigkeitspräferenzen kleiner Fischarten und Individuen.
- Funktionsevaluierung des Chan-Bar Systems.
- Bestimmung der optimalen Einstiegsposition für eine neue Fischaufstiegsanlage an der Ruhr in Duisburg/Ruhrort.
- Entwicklung und Erprobung eines fischschützenden Feinstrechens.
- Untersuchungen zur Auswirkung der Elektrofischerei auf Fische.
- Wirkung des Einlaufrechens am Wasserkraftwerk Wahnhausen in der Fulda auf Fische.
- Erarbeitung biologisch-ingenieurwissenschaftlicher Grundlagen für die Gestaltung nachhaltig wirksamer Fischaufstiegsanlagen im Rhithral.
Publikationen
ADAM, B. & D. APPELHOFF (2017): Ethohydraulik: Die Kunst, aufsteigende Fische am Kraftwerk abzuholen. - In: Heimerl, S. (Hrsg.): Biologische Durchgängigkeit von Fließgewässern, Wiesbaden (Springer-Vieweg), 103 - 110.
LEHMANN, B., B. ADAM, O. ENGLER & K. SCHNEIDER (2016): Ethohydraulische Untersuchungen zur Verbesserung des Fischschutzes an Wasserkraftanlagen. - BfN-Schriftenreihe Naturschutz und Biologische Vielfalt 151, 156 S.
ADAM, B., O. ENGLER & H. HUFGARD (2015): Zur Wirkung von Wasserrädern auf Fische. - Artenschutzreport 34, 7 - 12.
ADAM, B. & B. LEHMANN (2011): Ethohydraulik - Grundlagen, Methoden, Erkenntnisse. - Heidelberg (Springer-Verlag), 351 S.
LEHMANN, B., W. KAMPKE, U. SCHWEVERS, B. ADAM & C. LINDEMANN (2009): Ethohydraulik - eine Grundlage für naturschutzverträglichen Wasserbau. - www.dbu.de/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-25429.pdf